Klimahouse Logo im Wald

Dynamische Netzentgelte

So profitieren Haushalte von dem neuen Entgeltmodell

Auf dem Strommarkt geht’s zu wie beim Handel mit Spargel: Scheint die Sonne, rutschen die Großhandelspreise in den Keller, weil das Angebot zunimmt. Denn so wie bei blauem Himmel der Spargel sprießt, speisen die Photovoltaik-Anlagen viel Strom ins Netz.

Seit Anfang dieses Jahres müssen alle Versorger einen Stromtarif anbieten, mit dem Kunden von solchen Situationen profitieren. Bei diesen so genannten dynamischen Stromtarifen ändert sich der Preis im Stundentakt, abhängig vom Geschehen im Großhandel. Besonders attraktiv sind sie für Haushalte mit Wärmepumpe oder Wallbox. Denn sie können gezielt in den Stunden Wärme erzeugen oder ihr E-Auto laden, wenn die Preise an der Strombörse gerade niedrig sind.

Seit dem 1. April 2025 gibt es aber noch eine weitere Möglichkeit, mit der Verlagerung des Verbrauchs Stromkosten zu sparen: Alle Netzbetreiber müssen Eigentümern fernsteuerbarer Wärmepumpen oder Wallboxen jetzt in mindestens zwei der vier Quartale ein dynamisches Netzentgelt anbieten.

Dynamische Netzentgelte teils unter einem Cent pro Kilowattstunde

Wie bei dynamischen Stromtarifen hängen die Kosten bei den dynamischen Netzentgelten stark davon ab, wie viel Wind- und Solarstrom gerade ins Netz fließt. Strömen nämlich große Mengen grüner Energie ins System, droht eine Überlastung. Mit einem temporären Rabatt auf die Entgelte setzen die Netzbetreiber einen Anreiz, Strom gezielt dann zu nutzen, wenn viel eingespeist wird und der allgemeine Verbrauch gerade niedrig ist. Das entlastet die Netze.

Es gibt jedoch zwei Unterschiede zu den dynamischen Stromtarifen: Die Höhe des Netzentgelt-Rabatts bleibt für mindestens ein Jahr unverändert, ebenso der festgelegte Geltungszeitraum. In den günstigen Stunden des Tages sinkt das Entgelt bei den meisten Netzbetreibern auf unter fünf Cent pro Kilowattstunde – deutlich weniger als das Standard-Netzentgelt, das derzeit im Bundesschnitt knapp elf Cent beträgt. Einige Unternehmen reduzieren das Entgelt sogar auf unter ein Cent pro Kilowattstunde. Je nach Netzbetreiber gilt der Rabatt entweder nachts, wenn Windstrom auf geringen Verbrauch trifft, oder mittags, wenn viel Solarenergie eingespeist wird. Anders als beim Stromversorger können Verbraucher ihren Netzbetreiber nicht frei wählen. Der Wohnort entscheidet, wer zuständig ist.

Koppelung mit dynamischen Stromtarifen sinnvoll

Was bringen dynamische Netzentgelte Haushalten mit Wärmepumpe oder Elektroauto konkret? Netze BW zum Beispiel, größter Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg, senkt sein Netzentgelt im zweiten, dritten und vierten Quartal des Jahres zwischen 10 und 14 Uhr von standardmäßig 11,58 Cent auf 4,63 Cent. Wer in diesem Zeitraum 40 Kilowattstunden in seine E-Auto-Batterie lädt, spart 2,78 Euro pro Ladevorgang. Bei 50 Mal Laden in diesen drei Quartalen summiert sich die Ersparnis auf 139 Euro.

Auch Haushalte mit Wärmepumpen profitieren: Sie können in den Stunden mit niedrigen Netzentgelten Wärme quasi auf Vorrat erzeugen und diese dann in einem Pufferspeicher oder in den Gebäudemassen, also in den Wänden oder im Fußboden, speichern. So können sie vielfach 150 bis 250 Euro im Jahr einsparen.

Dynamische Netzentgelte passen gut zu dynamischen Stromtarifen. Denn in den Stunden, in denen der Netzentgelt-Rabatt greift, ist der Strompreis oft ebenfalls niedrig. Das Beratungsunternehmens Neon Neue Energieökonomik hat ausgerechnet, dass E-Auto-Fahrer ihre Stromkosten für das Laden des Fahrzeugs um bis zu 68 Prozent senken können, wenn sie sowohl bei den Netzentgelten als auch beim Stromtarif ein dynamisches Modell wählen.

Noch mehr Nachlass beim Netzentgelt

Unabhängig von den dynamischen Netzentgelten bekommen Haushalte mit steuerbarer Wärmepumpe oder Wallbox seit Anfang 2024 eine Entschädigung dafür, dass Netzbetreiber im Notfall kurzzeitig aus der Ferne auf die Anlagen zugreifen dürfen, um das Stromnetz zu stabilisieren. Zwei Optionen stehen dabei zur Wahl: Entweder gibt es einen jährlichen Nachlass auf die Netzentgelte von 110 bis 190 Euro – auch für diejenigen, die sich für dynamische Netzentgelte entschieden haben. Die genaue Höhe richtet sich nach den regionalen Netzentgelten. Oder die Haushalte erhalten einen pauschalen Rabatt von 40 Prozent auf die Standard-Netzentgelte.

Welche Option günstiger ist, hängt vom Verbrauchsverhalten ab. Nutzt man Wärmepumpe oder Wallbox vor allem dann, wenn die Netzentgelte niedrig sind, spart man mit dem jährlichen Nachlass meist mehr. Ist das nicht möglich, ist der Verzicht auf dynamische Netzentgelte zugunsten des pauschalen 40-Prozent-Rabatts die bessere Wahl.

Dynamische Netzentgelte verlangen Smart Meter

Um dynamische Netzentgelte nutzen zu können, benötigen die Haushalte einen Smart Meter samt Steuerbox. Der Zähler misst den Verbrauch und übermittelt die Werte im Viertelstundentakt an den Netzbetreiber und den Versorger, die Steuerbox ermöglicht das Drosseln der Anlagen aus der Ferne.

Wer sich eine neue Wärmepumpe oder Wallbox anschafft, bekommt die nötige Ausstattung automatisch. Für den Betrieb von Smart Meter und Steuerbox müssen die Haushalte im Jahr 100 Euro bezahlen. Haushalte mit bestehenden Anlagen können Smart Meter und Steuerbox gegen eine Gebühr von insgesamt 100 Euro nachträglich installieren lassen. Die zuständigen Unternehmen gehen beim Einbau der Mess- und Steuertechnik jedoch sehr gemächlich vor – monatelange Wartezeiten sind die Regel. Der Bundestag hat deshalb Ende Januar ein Gesetzespaket verabschiedet, das den Smart-Meter-Rollout beschleunigen soll. Damit könnten Haushalte künftig deutlich schneller von dynamischen Netzentgelten profitieren.

Autor: Ralph Diermann

Wir sind für Sie da

HINTE Expo & Conference GmbH

Geschäftsführer: Bernhard Klumpp &
Olaf Freier

Nach oben scrollen